Wer die Wahlplakate auf die Straßen bringt

Als ich vor fünf Jahren bei den Grünen eingetreten bin wusste ich gar nichts und kannte niemanden. Damals vor der Landtagswahl 2018 waren anfänglich nur wenige oder keine Plakate der Grünen in Bergkirchen zu sehen. Meine Versuche Kontakt aufzunehmen und meine Hilfe anzubieten waren erfolglos. Erst später habe ich verstanden, dass es im Landkreis Dachau nur wenige aktive Grüne gibt, in Bergkirchen eigentlich gar keine. Rose Kraus aus Günding war Mitglied, ihre Kraft hat sie aber den Geflüchteten gewidmet. Nach der Wahl hat es dann mit dem Kennenlernen im Ortsverband Dachau geklappt, habe irgendwann verstanden, wie die Gliederungen im Landkreis sind. Dass es eben noch andere Ortsverbände gibt und einen Kreisverband, der übergeordnete Aufgaben wahrnimmt.

Erst im Frühjahr 2019 habe ich zusammen mit Emma aktiv was unternommen, etwa ein Dutzend Plakatständer in der Gemeinde Bergkirchen aufgestellt. Damals noch mühevoll mit Draht festgezurrt. Aber es hat schon Spaß gemacht.

2020 gab es dann die komfortablen Pappplakate, die man einfach an Laternenmasten hochhängen kann. Die Stürme im Februar/März 2020 waren allerdings heftig. Es gab viele Verluste.

Wir haben ein paar Möglichkeiten auch auf Privatgelände zu werben. Hier bei Hermann in Günding an der Staatsstraße.

Der Hauptgrund warum wir die Plakate so hoch hängen ist kein schöner. Manche Mitbürger zeigen im Wahlkampf, dass sie Gewalt für ein legitimes Mittel halten. Hier ein aktuelles Beispiel vom September 2023 aus Feldgeding. Der oder die Täter müssen nicht aus der Gemeinde sein, aber es wird wohl auch welche bei uns geben.

An dieser Stelle konnten die Plakate wieder aufgestellt und angebracht werden. Bei massiver Gewalt gegen den Plakatständer ist der aber auch durchaus mal nicht mehr zu reparieren. Strafbar sind solche Handlungen allemal, schon ohne politische Komponente.

Dass wir aus irgendeinen Grund aufgeben, für Demokratie und demokratischen Diskurs einzustehen, kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Wohin sich die Gewaltspirale aber bewegen kann, kennen wir aus unserer Geschichte und aktuell durch den Blick auf andere Länder. In Russland gab es in diesen Tagen Scheinwahlen. Man meint mit Bildern von durchsichtigen Wahlurnen demokratische Wahlen vorgaukeln zu können. Übrigens gab es die in der Form schon 2014 auf der Krim.

Wir sind also auch 2023 gut dabei mit Plakatieren, aber eben auch nur eine Handvoll Leute aus Bergkirchen. Patrick hat in Bachern was geleistet. Luisa hat wieder geholfen. Hermann und Jürgen aus Günding haben ihr Gebiet abgedeckt. Karin ist als Kreissprecherin in verwaisten Gemeinden ohne Grüne unterwegs. Mit Helmut habe ich die große Runde bis Lauterbach gemacht. Lukas und ich haben neulich in Markt Indersdorf ausgeholfen.

Ich weiß nicht wie das andere Parteien machen, wir machen das in Dachau alles selbst. Neu ist 2023 allerdings, dass wir nach getaner Arbeit auf Rechnung der Partei in eine Wirtschaft einkehren können.

Es wäre toll, wenn sich in Zukunft weitere Leute in der Gemeinde Bergkirchen finden lassen, die uns helfen unsere Plakate auf die Straßen zu bringen. Und nach den Wahlen auch wieder ordentlich einzusammeln. Egal ob es dafür eine Brotzeit gibt oder nicht. Demokratie ist hier sichtbar und kann Spaß machen. Freilich sind Plakate bestenfalls Auslöser für das was Demokratie ausmacht. Für eine Aussprache, für eine widerstandsfähige Gesellschaft gegen Propaganda, Verschwörungstheorien, Lügen und Hass. Es geht darum wieder mehr zusammen zu stehen, die Differenzen zu überwinden und die besten Ideen zusammen zu bringen. Und es geht um die Idee des Machtwechsels, wenn so manche Partei nicht mehr aus ihren Schranken findet. Das Zusammenspiel von Opposition und Regierung, der demokratische Wechsel, ist wesentlich für eine funktionierende Gesellschaft.

Stefan Haas,
Sprecher Ortsverband Grüne Bergkirchen, 11.September 2023

Update 16.Oktober 2023

Helmut und ich haben die Plakate in Bergkirchen und westlich davon wieder eingesammelt. Fast alle können wir für den Europa-Wahlkampf wieder als Träger für neue Plakate verwenden. Zwei waren nicht mehr zu finden. Man sollte nicht mehr an Laternen, die an Privatgrundstücke angrenzen, plakatieren. Aber ich merke mir die Orte der Beschädigungen. Insgesamt war es aber nicht so schlimm, es wurden auch von unbekannter Hand Plakate wieder in die Sichtachse gedreht. In Bergkirchen, wie in Feldgeding. Dank an die unbekannten Helfer!