Gedenkfeier am Todesmarsch-Mahnmal am 29. April 2023

Bei schönem Wetter hat sich am 29. April 2023 eine beachtliche Menschenmenge am Todesmarsch-Mahnmal in der Theodor-Heuss-Straße in Dachau eingefunden. Das Denkmal wurde 2001 errichtet und erinnert an den Leidensweg der Opfer des Nationalsozialismus. Es waren auch einige amerikanische Befreier mit ihren Familien aus den USA angereist.

Nach einer Begrüßungsrede des Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann, spricht wie jedes Mal Abba Naor, beeindruckend in seiner Lebendigkeit trotz 95 Jahren:

Er wisse gar nicht, was er erzählen könne, er habe doch schon alles erzählt. Aber er erzählt natürlich trotzdem.  Seine gesamte Familie wurde in den Konzentrationslagern ermordet, er selbst wurde als 17 Jahre alter Bursch auf den Todesmarsch Richtung Süden geschickt.  Er berichtet von Menschen, die nicht weiter konnten, sie wurden erschossen oder erschlagen. Anwohner, die um Brot angefleht wurden, schauten schockiert, manche halfen tatsächlich, mit einem Stück Brot, mit Wasser.  So wie beim Todesmarsch hat in der ganzen Zeit der Diktatur eine Minderheit geholfen, eine Minderheit aktiv Widerstand geleistet, aber die große Mehrheit war gleichgültig, hat weggeschaut und nichts getan.  Die Gleichgültigen helfen immer den Tätern, nie den Opfern! Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass sondern Gleichgültigkeit.

Er betont, dass er trotz des Leids, das er erfahren hat, positiv bleibt und nicht müde wird, den Menschen von damals zu berichten. Gerade in Zeiten, in denen der Antisemitismus wieder erstarkt, mahnt er, wie wichtig ist, die Menschen aufzuklären. Er gehe in Schulen, rede mit den Jugendlichen, habe ein gutes Gefühl, dass eine Generation heranwächst, die die Demokratie verteidigen wird.

„Das Leben ist eine feine Erfindung, das man nicht wegwerfen darf, es gibt nur eines!“

Abba Naor

Abba ist sich nicht sicher, ob er nächstes Jahr noch einmal nach Dachau kommen kann – wenn all die Menschen, die sich heute eingefunden haben, nächstes Jahr wiederkommen, verspricht er, kommt er auch. Er verabschiedet sich, begleitet von den Klängen des Partisanenliedes „Bella Ciao“.

Die Leiterin der Todesmarsch-Gedenkstätte im Belower Wald berichtet:  Im diesen Wald wurden die Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen getrieben, sie mussten bei Kälte, Regen, teilweise bei Schnee im Freien übernachten, ohne Schutz vor der Witterung und ohne Essen. Man sieht heute noch an diesem  Lagerplatz Hinweise an den Bäumen, Rinden wurden abgekratzt und mit Wasser aus Pfützen zu Brei verrieben, um davon zu essen. Kinder haben flüchtige Häftlinge an die SS verraten, sie waren über die Jahre hinweg indoktriniert, dachten all diese Häftlinge seien Verbrecher, sie wussten es nicht besser. Man weiß von vier geflüchteten polnischen Häftlingen, die von Kindern verraten wurden und von den verbliebenen SS-Schergen erschossen wurden.

Musikalische Umrahmung durch Alexandra Fischer, Gesang und Klavier.

Wir Grüne sind vertreten durch Marese Hofmann (stellvertretende Landrätin), Bezirksrat Dr. Anton Speierl, Eva Hübner, Richard Seidl (Stadtrat und Referent für Zeitgeschichte in Dachau) und Karin Beittel (Kreisvorsitzende).

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