Karo Grün

Am 23.November 2022 geht es nach Inzenham-West zum dortigen Gasspeicher. Es ist eine gute Gelegenheit sich im Rahmen der LAG Energie Bayern wieder persönlich zu treffen. Auch unser Vorsitzender der Grünen Bayern, Thomas von Sarnowski, ist mit von der Partie.

Ausgemachtes Treffen ist in München am Hauptbahnhof. Es sollte klappen vom Zug aus Dachau von Gleis 20 in zehn Minuten zu Gleis 10 zum Zug Richtung Kufstein zu kommen. Es klappt nicht.

So gebe ich den anderen Bescheid und nehme den Zug eine Stunde später. In Großkarolinenfeld frage ich mich durch und finde den Weg zur Gasspeicheranlage. Das Wetter ist schön, die kleine Wanderung durch den Wald ist belebend. Querfeldein finde ich auch endlich den Eingangsbereich, die Frau am Empfang begrüßt mich wissend und freundlich, bringt mich zum Konferenzraum.

Besonders viel habe ich nicht verpasst. Dass so ein Gasspeicher insbesondere kein Hohlraum ist, sondern eine geologische Struktur hat, die eben das Einspeisen von großen Gasvolumen zulässt, ist schon mal ein Erkenntnisgewinn. Früher wurden die dortigen Lagerstätten von Erdgas ausgebeutet, es ist also eine natürliche Formation. Die Verlustrate beträgt etwa 2% im Laufe eines Jahres.

Interessant sind die technischen Daten und die Anlagen, die zum Betrieb des Gasspeichers nötig sind. Vereinfacht kann man sagen, dass es eine Jahreszeit zum Einspeisen gibt und eine Jahreszeit zum Ausspeisen. Dabei strömt Gas mit einem Energieinhalt von mindestens 450 MWh je Stunde in die eine oder eben die andere Richtung. In Zeiten wie heute, mit den Verwerfungen auf den Energiemärkten, wechselt der Arbeitsmodus der Anlage in der Übergangszeit öfter. Das bedeutet auch mehr Stress für die Facharbeiter vor Ort. Etwa sieben Leute teilen sich den Schichtbetrieb im Überwachungszentrum. Dort sind dutzende Monitore im Betrieb. Die Anlage wird durchgehend überwacht, im Störfall müssen die Mitarbeiter verfügbar sein, haben eine Stunde um vor Ort zu sein und eine Stunde um ein Problem zu lösen. Man hat das in den vergangenen Jahren immer geschafft, die Anlage ist zu 100% im Jahr einsatzfähig und genauso sicher. Solche Zahlen würde ich mir auch für die Deutsche Bahn wünschen.

Die Übersicht des Kreislaufs des Gases, zu sehen im Konferenzraum, bleibt mir im Gedächtnis, als unsere Gruppe dann die Anlage direkt anschauen darf. Die Sicherheitsbestimmungen erfordern es, dass wir eine antistatische Jacke (in grün) anlegen und Helm tragen müssen. Beides passt halbwegs, wie man auf dem Bild (das noch kommen soll) sieht.

Die Maschinen, Pumpen etc. sind teils an die vierzig Jahre alt. Wir sind in einer Halle in der das ausgespeiste Gas vom Wasser getrennt werden muss. Es bleibt nicht aus, dass es während der Lagerung nass wird. Abhängig ist das tatsächlich von den individuellen Begebenheiten vor Ort. Andere Speicher können auch trockener sein. So richtig unterscheiden kann ich nicht was in welchen Rohren und Pumpen gerade passiert. Es ist laut, es ist eben Industrie. Das Gas wird übernommen, der Druck, die Temperatur verändert, manch Dinge werden angesprochen, die man zuletzt im Physikunterricht gehört hat. Wenn das Gas dann entnommen wird, wird es wieder in den Zustand versetzt, in dem man es bekommen hat.

Nur, auch das Gas an sich kann bei der Anlieferung einen unterschiedlichen Zustand haben. Erdgas, das wir demnächst auch aus Frankreich beziehen, hat vermutlich einen Zusatz aus Schwefel oder anderen Stoffen, der es riechbar macht. In Deutschland wird das erst vor der Auslieferung an den Kunden beigemengt. Mit Schwefelanteilen hatte man vor ein paar Jahren erhebliche Probleme mit Biogas. Eigentlich wird dieses ja soweit gereinigt angeliefert, aber damals fielen reihenweise die Ventile aus, die teuer ersetzt werden mussten. Man hat daraus gelernt und mischt nun Stoffe dazu, die die schädlichen Faktoren binden. Die Anlage ist also flexibel.

Ein Thema ist schon auch die anfallende Wärme, die man nur teilweise nutzen kann. Ich erinnere mich daran, und man kennt es wenn man einen Ball aufpumpt, dass bei Erhöhung des Druckes auf ein Gas Wärme abgegeben wird. (Umgekehrt kühlt Gas die Umgebung, wenn es Druck abgibt.) Und das sind bei der Einspeisung doch erhebliche Mengen. Man hat schon daran gedacht diese Wärme abzuleiten und woanders zu nutzen. Nur gibt es dazu keine Förderungen. Zumindest bisher nicht. Man nennt das in Fachkreisen wohl Sektorenkopplung, wenn man das hinbekommt. Aktuell kann man es einfach nur Wegwerfen (oder hier auch das Abfackeln) von Energie benennen, wie wir es in ganz vielen Bereichen weiterhin machen. Natürlich ist das auch eine Frage von Kosten und Effizienz, die bei so steigenden Energiepreisen auch politisch betrachtet werden müssen.

Bei einem anderen Energiethema, nämlich dem Speichern von überschüssigem Windstrom in einem Druckluftspeicher, wäre es schon interessant anfallende Wärme nutzen zu können. Im Winter auf jeden Fall, im Sommer aber eher nicht. Das Speichern von Energie ist schon ein weites Feld.

Der Rundgang ist vorbei, es war eine spannende Sache, hervorragend von unseren Gastgebern präsentiert. Unser Wissen hat sich vermehrt, manche Frage wurde geklärt, aber manches bedarf weiter an Diskussion. Direkt im Anschluss kehren wir noch in eine Gastwirtschaft ein, bekommen eine eigene Stube. Mir fällt die dort bereits erkennbare alpenländische Tourismusbranche auf, Rosenheim ist nahe, die Berge entsprechend.

Die Rückfahrt nach München ist wieder anders als geplant. Die einen werden zum Bahnhof nach Großkarolinenfeld chauffiert, die anderen an einen anderen Bahnhof. Eher versehentlich. Ich komme so mit Lea und Luca nach Rosenheim, unser Zug soll schneller in München sein. Wenn auch wieder verspätet. Die auffällige Gruppe von Grundschulkindern wird mich vom Bahnsteig in Rosenheim tatsächlich bis nach Dachau begleiten. Die konnte ich einfach nicht abschütteln … Aber das ist schon gut so, für die Kinder stellen wir ja die Weichen in die Zukunft. Es gibt viel zu tun!

Stefan Haas
als Mitglied der LAG Energie der Grünen Bayern

PS: Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, was die einheimischen Leute mit ‚Karo‘ meinen … Großkarolinenfeld.