Auch wir sind entsetzt!

https://www.merkur.de/lokales/dachau/wie-ein-schwerverbrecher-abgefuehrt-menschen-in-hebertshausen-sind-entsetzt-ueber-abschiebung-90875668.html

In Dachau haben wir uns in der Welt Respekt damit verdient, das Schweigen zu brechen und den kommenden Generationen eine Empathie gegenüber den Schwachen und Verfolgten mitzugeben.

Die Umstände der Abschiebung von Moussa Nomoko sind für Dachau nicht tragbar. Über die Jahre lässt man es immer wieder zu, dass Geflüchtete wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, sogar von einem auf den anderen Tag fast spurlos aus unserem Alltag verschwinden. Diese Ungerechtigkeiten müssen benannt und angezeigt werden, zu oft versuchen unsere Behörden empörende Übergriffe als normal zu beschönigen. Wenn diese hinterhältig agieren, den Abgeschobenen immer wieder kriminelle Eigenschaften andichten, obwohl dies in den allermeisten Fällen nicht haltbar ist, mit Spitzfindigkeiten den Leuten absichtlich das Leben schwer machen, dann werden Behörden verdächtig.

Unser Staat zieht mit seinem Grundgesetz nicht zufällig Lehren aus den Erfahrungen mit Diktatur und Verbrechen an der Menschheit. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ war nie der Alltag in Deutschland, aber doch immer Leitbild der Gesellschaft, seit ich mich erinnern kann. Eine Erosion dieses Gedankens ist in der Gesellschaft spürbar, gerade die Institutionen unseres Landes dürfen dem nicht nachgeben. Seit den 60er Jahren hat man sich durchringen können in Dachau Erinnerung und Mahnung besonders hochzuhalten. Schon damals gegen den Widerstand derer, denen Verantwortung lästig war. Damals haben sich die durchgesetzt, die auch in die Zukunft geblickt haben. In Dachau haben wir uns in der Welt Respekt damit verdient, das Schweigen zu brechen und den kommenden Generationen eine Empathie gegenüber den Schwachen und Verfolgten mitzugeben. Als in Dachau geboren habe ich das angenommen, es ist ein Weg, Probleme und Ungerechtigkeiten friedlich zu lösen. Und es ist auch die Fortsetzung einer christlichen Weltanschauung, die uns vorgibt sie durch Rede und Handeln zu leben, wollen wir sie nicht klein machen oder gar verlieren. Ich vermisse bei einigen eine klare Haltung zum Umgang mit Menschen, gerade in den öffentlichen Konflikten der vergangenen Monate.

Wer überheblich von einem ‚Haufen Hilfskräfte‘ oder gar in ordinärem Ton über Geflüchtete spricht, hat nicht verstanden oder bestenfalls vergessen, was die Grundlagen unseres Zusammenlebens sind. Natürlich gibt es hier viele, die so reden. Die gab es schon immer, manche einfach nur aus Unkenntnis oder jugendlicher Unreife. Aber zumindest tragen die kein herausragendes Amt.

Niemand aus München oder Berlin wird den Mut aufbringen einen gewählten Vertreter aus dem Dachauer Land in Sachen Umgang mit Menschen zu maßregeln. In der Öffentlichkeit würde das zerrissen! Wer hier Bürgermeister oder Landrat ist, der hat Vorbild zu sein, kann und muss Vorbild sein, eine klare Sprache und ein unmissverständliches Handeln zu zeigen. Das war in den vergangenen Jahrzehnten möglich, ist es heute und muss es in Zukunft sein. Ich bin dankbar dafür, dass sich so mancher mit deutlichen Worten vor allem aus der Gemeinde Hebertshausen meldet. Die Forderungen mit den Schwächsten der Gesellschaft fair umzugehen sind mir aus allen Gemeinden bekannt. Die Asylgesetze sind unvollkommen, wie vieles andere auch. Aber mein Anspruch für Dachau steht weit darüber, die Mahnungen der Generationen vor uns sind der Maßstab. Und das ist keine komplizierte Sache wie man in der Bäckerei Polz beobachten kann.

Die geschilderten Vorfälle aktuell, und auch die der letzten Monate vor allem seit der Kommunalwahl haben nichts damit zu tun, dass man Recht und Ordnung aufrechterhalten müsse. Nirgends in Bayern. Es ist auch nicht so, dass deswegen Abschiebungen unmöglich wären, unsere Gesellschaft ungeahnten Gefahren oder gar Spannungen bis zum Zerreißen ausgesetzt wäre. Wir haben alle zusammen über die Jahre bewiesen, welche Wege möglich sind. Mir ist auch egal, was Verantwortliche in Behörden und politischen Ämtern an persönlichen Ambitionen haben, solange sie mit Herz und Verstand bei der Sache sind. Wenn sie Flurschaden verursachen, der die Zukunft vergiftet, hat die Geduld ein jähes Ende. Die schändliche Abschiebung von Moussa Nomoko, der hier in einem traditionellen Handwerk seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte, zeigt, dass wir vom Weg abkommen. Für mich ist das eine Zäsur! Meine Heimat hier ist mehr als Familie, Freunde, Orte und Kultur. Sie ist mir auch ein fester Boden für ein friedliches Miteinander in der Welt einzustehen, gerade im Schatten des Gedenkens. Dies durch unbedachtes Handeln zu zerstören, lasse ich mir in Dachau nicht gefallen!

Stefan Haas, Gemeinderat Bergkirchen